Kontolino! – Online-Buchhaltung für Freiberufler und KMU (Interview mit Gründer)

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Kontolino! - Die Buchhaltungssoftware Freiberufler, Kleinunternehmer und KMU
Kontolino! – Die Buchhaltungssoftware Freiberufler, Kleinunternehmer und KMU

Kontolino! ist eine Online-Buchhaltungs­software aus der Cloud nach dem SaaS-Modell (Software-as-a-Service) für Frei­berufler, Klein­unternehmer, Einzel­unternehmer, Personen­gesellschaften und kleine Kapital­gesellschaften mit Sitz in Ludwigsburg bei Stuttgart.

Ich hatte die Gelegenheit, ein Interview mit Joachim Tuchel (Gründer und Lead Developer von Kontolino!) zum Konzept, der Technik sowie der zukünftigen Entwicklung von Kontolino! zu führen (siehe unten).


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Innovative Trends: Was ist Kontolino! ? Wie kam es dazu ?

J. Tuchel (Kontolino): Kontolino! ist eine Buchhaltungssoftware für kleine und mittlere Unternehmen. Die Ursprünge liegt in der eigenen Buchhaltung aus meiner Zeit als freiberuflicher IT-Berater, in der ich vor allem Banken und Versicherungen bei der Umsetzung von Softwareprojekten geholfen habe. Damals gab es am Markt eigentlich keine bezahlbare Lösung, die für meine Zwecke gepasst hat. Es gab Anfang der 2010er Jahre praktisch nur teure Programme zum Installieren auf dem Rechner, die in der Regel entweder viel zu einfach waren oder eben sehr umfangreich und kompliziert. Und irgendwie hat damals noch niemand ein System angeboten, das z.B. die damals noch sehr junge ELSTER-Schnittstelle für etwa die Umsatzsteuer-Voranmeldung unterstützt hat.

Und was tut man als Softwareentwickler, wenn einem nicht gefällt, was am Markt verfügbar ist? Man baut sich sein eigenes Programm.

Irgendwann wurde dann klar, dass das ganze eigentlich viel zu schade ist, um es nur für mich zu nutzen. Meine Probleme waren ja nicht speziell, es gibt hunderttausende Selbstständige in Deutschland, die allmonatlich vor den selben buchhalterischen und steuerlichen Aufgaben stehen wie ich.

Als ich also anfing, das ganze ein wenig aufzubohren, um es schick genug für andere Nutzer zu machen, gab es das Thema SaaS bzw. Cloud im Bereich der Buchhaltungsprogramme eigentlich noch gar nicht. Es war klar, dass da noch andere in dieser Richtung unterwegs sind, aber Produkte gab es eigentlich noch nicht. Als Kontolino! dann Ende 2013 live ging, waren wir einer der ersten Anbieter.

Innovative Trends: Wie verlief die Gründung und wie sehen Sie Stuttgart als Gründungsregion ?

J. Tuchel (Kontolino): Eigentlich ist Kontolino! keine Gründung an sich, es ist einfach ein weiteres Serviceangebot unserer/meiner Firma. Ich selbst bin schon seit 1999 selbstständig und habe das als weiteres Standbein geplant und aufgebaut. Hinter Kontolino! steckt nach wie vor der Einzelunternehmer Joachim Tuchel und ein relativ kleines Team aus Softwareentwicklern und Support-Spezialisten. Dabei ist das stets ein Mix aus festen Teammitgliedern und freiberuflichen Spezialisten.

Wir sind nicht fremdfinanziert und schöpfen aus eigener Kraft. Fremdkapital und damit Fremdbestimmung finde ich nicht erstrebenswert für dieses Vorhaben

Der Großraum Stuttgart ist eine hervorragende Region für eine Gründung. Mit den Universitäten in Stuttgart und Hohenheim und mehreren Hochschulen (HFT, HdM, DHBW, HS Esslingen) mit einem breit gefächerten Angebot von Betriebswirtschaft bis Technik und IT im allerweitesten Sinne ist hier ein riesiges Potential an bestens ausgebildeten Absolventen vorhanden. In der Region sind diverse Player dabei, Gründer und etablierte Firmen zu vernetzen, sei es die hiesige IHK, die Wirtschaftsjunioren, der Startup Stuttgart e.V. oder auch die Hochschulen, die vielfältige Angebote in dieser Richtung anzubieten haben. Zwar wurde es um einige Formate wie das Startup Grillen oder dem Pitch auf der Rampe während Corona recht still, aber so langsam wacht das alles wieder auf.

Diese Plattformen haben uns schon einige sehr gute Kontakte zu anderen interessanten Unternehmen, potentiellen Mitarbeitern und auch Kunden eröffnet. Sich zu vernetzen, ist in dieser Umgebung sehr einfach. Auch die Hochschulen hier bieten einige interessante Vortragsformate und Seminare, die uns weiter bringen.

Da sich große Unternehmen wie BOSCH oder Porsche auch sehr gerne mit interessanten Startups zusammentun oder Mitarbeiter bei Ausgründungen unterstützen, gibt es wirklich ein sehr buntes und fruchtbares Ökosystem für Gründungen. Nicht zuletzt ist die Region auch in Sachen Freizeit attraktiv: Stuttgart ist ein Dorf mit Großstadt-Flair, eingebettet in eine landschaftlich abwechslungsreiche und wirtschaftlich extrem starke Region.

Aber das ganze hat natürlich auch einen massiven Haken. Gerade für kleinere Unternehmen ist es extrem schwer, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Gegen Namen wie BOSCH, Porsche, Mercedes-Benz, Mahle, Mann+Hummel und zahllose Hidden Champions in der Region ist es sehr schwierig, zu konkurrieren. Dabei geht es nicht nur um Geld. Diese Namen stehen natürlich für exzellente soziale Absicherung, Entwicklungschancen und irgendwie natürlich auch für ein persönliches Image. Manchmal denke ich, in einer strukturschwächeren Region wäre das Gewinnen und Halten von guten Leuten sehr viel einfacher.

Innovative Trends: Warum sollte man Kontolino! nutzen, was unterscheidet es von ähnlichen Systemen ?

J. Tuchel (Kontolino): Was Kontolino! von Anfang an besonders gemacht hat, war die Orientierung an Selbstständigen und kleineren Unternehmen sowie die konsequente Ausrichtung auf das, was ihnen am meisten Kopfschmerzen bereitet: am Monatsende muss die Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeschickt werden und am Jahresende muss eine vernünftige EÜR oder Bilanz entstehen. Und das ganze möglichst ohne großen Aufwand. Wichtig war es, die Nutzer an die Hand zu nehmen und die Reise vom Beleg zur Steuer so einfach wie möglich zu gestalten.

So haben wir zahlreiche Buchungsvorlagen, eine Sammlung von Standardbuchungsfällen in einen Buchungsassistenten gegossen und diverse Assistenten entwickelt, die die Arbeit enorm erleichtern. Nutzer können auch jederzeit eigene Vorlagen anlegen, um die ja meist immer in der gleichen Form wiederkehrenden Geschäftsfälle zu buchen. Was uns eher ungewöhnlich macht: wir sind grundsätzlich ein Programm für die doppelte Buchführung. Wir sind der absoluten Überzeugung, dass das durchaus auch für Selbstständige Sinn macht, die eine Einnahmen-Überschuß-Rechnung beim Finanzamt abgeben müssen.

Die doppelte Buchführung hilft bei der Plausibilisierung der Eingaben genauso wie bei der Fehlersuche. Diese uralte Technik geht auf das 14. Jahrhundert zurück und genau das ist Teil ihrer Stärke: Fehler passieren in der Buchhaltung, das ist fast unausweichlich. Die Prinzipien, die da in Jahrhunderten entwickelt wurden, bieten sich einfach für eine Unterstützung durch den Computer an – vor allem bei der Suche und Behebung dieser Fehler.

Innovative Trends: War der SaaS-Ansatz ein Erfolgsfaktor ?

J. Tuchel (Kontolino): Absolut. Wir waren mit diesem Ansatz sehr früh dran und haben schnell gemerkt, dass es ein echter Wettbewerbsvorteil ist. Das fängt bei Fragen der Datensicherung an, geht natürlich über die Verfügbarkeit auf allen möglichen Endgeräten ohne Installation oder Updates an allen erdenkbaren Standorten und bekommt zunehmend eine ganz neue Dimension in der Frage der Vernetzung von Systemen.

Ganz am Anfang waren wir mit die ersten am Markt, die die ELSTER-Schnittstelle genutzt haben. Es war fantastisch, die Umsatzsteuer-Voranmeldung einfach mit einem Mausklick online ans Finanzamt zu schicken. Das hat viele Nutzer schon sehr früh überzeugt. Aber natürlich war das nur der Anfang. Die Online-Anbindung von Bankkonten und Ableitung von Buchungen aus den Umsätzen auf dem Bankkonto macht das ganze noch sehr viel schneller und einfacher.

Gerade in der Anbindung diverser Zuliefersysteme zur Buchhaltung liegt sehr viel Potential zur Erleichterung des Unternehmeralltags. Man kann die Buchhaltung in erster Linie als Datensenke ansehen: fast alles in einem Unternehmen schlägt sich irgendwann in irgendeiner Form in der Buchhaltung nieder. Integration mit Systemen, in denen diese Daten entstehen, ist hier einfach das zentrale Stichwort.

Durch die ständige Verfügbarkeit des Systems und ein RESTful API für Buchungen, Debitoren etc. können alle möglichen Systeme jederzeit Buchungen oder sonstige Daten online direkt im Benutzerkonto unserer Nutzer ablegen. Unsere ersten Schnittstellenpartner waren der Spesenfuchs für die Abrechnung von Reisekosten und Spesen und flour, eine cloud-basierte Ladenkasse, die die Abschlüsse des Tages direkt online an uns übergibt. Einige unserer Nutzer haben auch eigene Anwendungen geschrieben, die über das API direkt Buchungen generieren und im System ablegen. So wird ein Geschäftsfall nur einmal angefasst, wenn er passiert, und die Buchhaltung geht eben so nebenbei.

Schnittstellen sind beim Thema Buchhaltung einfach ein entscheidender Erfolgsfaktor, und ein rund um die Uhr laufendes, von außen zugängliches System bietet hier einfach enorme Potentiale. Dass der Anwender mit den jährlichen Updates für steuerliche Änderungen etc. nichts zu tun hat, ist natürlich auch ein dickes Plus.

Innovative Trends: Können Sie uns etwas zu den technischen Details sagen?

J. Tuchel (Kontolino): Wir nutzen die Programmiersprachen Smalltalk und Javascript. Javascript und das Web ist keine Überraschung, aber Smalltalk ist schon ein eher unbekannter Player im Web. Diese Sprache erlaubt sehr schnell Änderungen und Fehlerbehebungen durch eine wirklich hoch interaktive Umgebung. Im Grunde kann man mit dem Debugger in Smalltalk einem Programm direkt bei der Arbeit zusehen und es während der Laufzeit modifizieren. Wir nutzen das allerdings eher in unserem Test- und Entwicklungsumfeld und nicht so sehr auf den produktiven Maschinen. Das ist dann doch ein wenig heikel.

Wir setzen auf eine kommerzielle relationale Datenbank zur Speicherung der Daten, planen jedoch, auf PostgreSQL als Open Source – Alternative umzusteigen. Ein Umstieg auf eine Key/Value-Datenbank ist nicht geplant. Das mag eine Frage dessen sein, was man schon kennt, aber es gibt aktuell noch wenige Werkzeuge, die so flexibel einsetzbar sind wie die Datenbankabfragesprache SQL, sowohl zur Recherche von Daten, als auch zur Modifikation von Daten oder auch der Struktur der Datenbank. Das hat uns schon ab und an mal enorm geholfen, wenn mal etwas schief ging.

Wir betreiben die Anwendung auf einer virtuellen Serverfarm eines bekannten Hosters in Deutschland und nutzen darüber hinaus keine Virtualisierungstechniken wie Container. Das hat einen sehr einfachen Grund: Unser Technologie-Stack muss beherrschbar bleiben. Wir haben kein großes Operations-Team mit spezialisiertem Wissen. Ziel muss immer sein, das ganze im Blick zu behalten und notfalls an einem Tag komplett neu aufzusetzen, wenn der schlimmste Fall eintritt. Das mag alles sehr altbacken klingen, aber wir sehen das als einen sehr wichtigen Mosaikstein: bewährte, gut dokumentierte Technik, in die sich jeder einarbeiten kann, geht vor Coolness.

Innovative Trends: Was sind die Ziele für die nächste Zukunft – wie geht es weiter?

J. Tuchel (Kontolino): Als ich mit dem Gedanken spielte, Kontolino! ernsthaft als Produkt am Markt anzubieten, dachte ich, das sei ein Projekt für ein paar Monate, dann ist das ganze fertig und es gibt eben ab und an ein paar Anpassungen und natürlich Programmfehler zu bereinigen. Es hat natürlich recht bald gezeigt, dass das naiv war. Wir arbeiten seit bald 10 Jahren an Kontolino! und sind weit davon entfernt, ein Ende der Entwicklung abzusehen.

Wir haben das Thema Faktura, also die Erstellung von Ausgangsrechnungen, noch relativ neu in unseren Funktionsumfang aufgenommen. Da stehen wir noch ziemlich am Anfang dessen, was man tun kann, um das Leben von Selbstständigen zu erleichtern. Wir haben hier noch sehr viel vor. Hier geht es natürlich auch in den Bereich der Automatisierung, die Themen ZUGFeRD und XRechnung spielen hier eine wichtige Rolle.

Es gibt eine lange Liste von Verbesserungen, die nur auf ihre Umsetzung warten, und da wir uns sehr stark am Feedback unserer Kunden orientieren, bin ich zuversichtlich, dass uns da die Arbeit auch in den nächsten Jahren nicht ausgehen wird.

Wir werden weitere Schnittstellenpartner ins Boot holen, um die Buchhaltung weiter zu erleichtern. Dazu laufen schon Gespräche mit Interessenten.

Innovative Trends: WOW … ich bin beeindruckt und gespannt, wie es weitergeht. Vielen Dank für Ihre Zeit und weiterhin viel Erfolg !

Alle weiteren Informationen gibt es auf der Webseite von Kontolino!

Oliver Höß

Joachim Tuchel (Gründer und Lead Developer von Kontolino!)
Joachim Tuchel (Gründer und Lead Developer von Kontolino!)

Interviewpartner: Joachim Tuchel (Gründer und Lead Developer von Kontolino!)

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2 Gedanken zu “Kontolino! – Online-Buchhaltung für Freiberufler und KMU (Interview mit Gründer)

  1. Ich finde, das Alleinstellungsmerkmal ist wirklich diese Ende-zu-Ende Menthalität statt der A-Z-Mentalität. Kontolino kann nicht alles perfekt (Ausgangsrechnungen erstellen oder importieren, intelligent Belege scannen oder die Vielzahl an angebundenen Partnersystemen können einzelne Konkurrenten besser), aber Kontolino kann den Kern ausgesprochen gut: Ich kann sicherlich jeden Buchungsvorfall von KMU erfassen, meistens ohne Anpassung des Kontenplans aber auch das ist möglich und daraus werden korrekte Steueranmeldungen generiert.

    Andere sind zwar breiter aufgestellt, zuweilen mit einem schickeren Interface, aber man muss Kopfstände machen zum korrekten Buchen (falls überhaupt möglich), sobald man Randfälle wie Kleinunternehmer mit EU-weiter Beschaffung/Ausfuhr erreicht. Und am Ende bekommt man bei manchem Konkurrenten dann auch nur irgendwelche (durchaus per se informative) Auswertungen, aber braucht für die Steuererklärungen dann zwingend doch noch eine andere Software und/oder einen Steuerberater. Kontolino ist auch einer der wenigen die explizit ohne drum herum Gerede ein preiswerte 10-Jahres-Archivierung nach einem eventuellen Anbieterwechsel anbietet. Und wofür mache ich denn Buchhaltung? In erster Linie mal, um Buchführungspflichten und steuerrechtliche Vorgaben zu erfüllen (und dann vll. noch fürs Controlling). Kontolino hat das erkannt, und gemeistert.

    Wenn jetzt noch die Faktura-Bestandteile weiter verbessert werden und vielleicht etwas AI-Magie in der Belegverarbeitung Einzug halten, wäre Kontolino eigentlich objektiv konkurrenzlos.

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